Kurzpredigt zum 1. Sonntag nach dem Osterfest

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Vor einer Woche war Ostern. Die Auferstehung Christi hat ein neues Licht in unsere Welt gebracht. In seinem Licht erscheint auch unser Leben neu. Quasimodogeniti - „wie die neugeborenen Kinder“ - das ist uns verheißen, das sollen wir schon jetzt sein, das sind wir durch die Taufe geworden.

Heute sind wir Neugeborene. Wir schauen neu auf die Welt. Das Alte und Müde fällt von uns ab.

Der Prophet Jesaja schreibt:

26 Hebt eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat all dies geschaffen? Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist so groß, dass nicht eins von ihnen fehlt. 27 Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst: »Mein Weg ist dem HERRN verborgen, und mein Recht geht an meinem Gott vorüber«? 28 Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der HERR, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich. 29 Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. 30 Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; 31 aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

Jesaja 40, 26-31

Dieser Bibeltext war die Grundlage für ein sehr bekanntes Kinderlied. „Weißt du wieviel Sternlein stehen“ von Wilhelm Hey. Es ist auch in unserem Gesangbuch abgedruckt. (EG 511)

Staunend in den Himmel schauen. Sich dabei winzig klein und unbedeutend fühlen. Ehrfürchtig werden vor dem was es da draußen noch alles gibt. Das passiert mir auch als Erwachsene immer wieder. Man kann in den Nachrichten lesen von neu entdeckten Sternen, neuen Bildaufnahmen, schwarzen Löchern, Supernovas … und die Forschung hat gerade erst begonnen. Er strahlt schon eine Kraft aus, der Sternenhimmel nachts. Das Weltall und seine unendlichen Weiten.

Weißt du wie viel Sternlein stehen an dem blauen Himmelszelt? (Strophe 1)

Hebt eure Augen in die Höhe und seht!“ sagt der Prophet Jesaja zum Volk Israel. Diese sind gerade im Exil, weit weg von zuhause. Weit weg von ihrem Gott, so kommt es Ihnen vor. All das was um sie herum passiert, das Leid, das sie erleben, lässt sie an der Existenz ihres Gottes zweifeln. In den Himmel sollen sie schauen. Die Sterne betrachten, die unzählbare Menge an funkelnden kleinen Punkten am Firmament. Gott hat das gemacht. Und nicht nur das. Er kennt alle Sterne und Gestirne beim Namen.

Gott der Herr hat sie gezählet, dass ihm auch nicht eines fehlet an der ganzen großen Zahl. (Strophe 1)

Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ Dieser Vers, auch aus dem Jesaja-Buch, klingt mir in den Ohren, wenn ich das lese. Da ist jemand, der mich kennt und zu dem ich gehöre. Und mehr noch. Er wischt meine ganze Furcht hinweg und schenkt mir Erlösung.

Quasimodogeniti. Als neugeborene Kinder sollen wir diesen Text lesen. Mit neuen Augen. Von Ostern herkommend. Für uns ist Jesus Christus gestorben und auferstanden, damit wir neues Leben haben. Der Prophet versichert uns. Diesen großen Schöpfer, der unvorstellbares geschaffen hat, den gibt es wirklich. Er kennt seine Schöpfung ganz genau. Seine Schöpfung ist ihm wichtig und deshalb heißt es auch: „Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden“.

Das klingt fast zu schön um wahr zu sein. Ich habe im Moment Bilder von völlig überarbeiteten Ärztinnen vor Augen in New York und Madrid. Ich habe Bilder von Krankenpflegern vor Augen, die kurz davor sind vor Erschöpfung zusammen zu brechen, in Italien und Großbritannien.

Von unzähligen Menschen, die krank sind, die leiden, die helfen – meist alles zugleich. In den Nachrichten sind es Zahlen. Wie die Sterne am Himmel. Aber jede Ziffer, jeder Wert ist eine eigene Welt, ein eigenes Schicksal, ein Mensch. Auch wenn wir es gelegentlich vergessen beim routinierten Blick auf die Tabellen in den Zeitungen und Nachrichtenapps. Gott kennt jeden Einzelnen beim Namen.

Wir Menschen brauchen dringend neue Kraft. Wie soll das gehen? Wie kann das sein?

Von Ostern herkommend. Mit neuen Augen lesen. Im Blick das neue Leben, das uns geschenkt wurde. „Die auf den Herrn HARREN.“ Das scheint mir der Schlüssel. Diese neue Kraft ist uns versprochen für unsere Zeit im Reich Gottes.

Und was haben wir im Hier und Jetzt davon?

Freiheit und Hoffnung. Wir sind frei, ganz im Hier zu leben, denn wir müssen uns keine Sorgen um das machen, was danach kommt. Wir dürfen auf unendliche Kraft und Energie hoffen.

Also schenkt Gott uns doppelt Kraft. Kraft für die Zeit in seinem Reich und durch diese Gewissheit Kraft für unsre Zeit auf Erden. Diese Perspektive, die der Prophet Jesaja öffnet, stärkt mich. Sich angenommen wissen; zu wissen, dass ich Teil von Gottes Schöpfung bin, gibt mir Kraft für meinen Alltag.

Und damit erfüllt sich Gottes Zusage im Hier und Jetzt! Er nimmt mir die Angst vor der Zukunft und gibt mir Kraft und Zuversicht für mein Leben.

Kennt auch dich und hat dich lieb, kennt auch dich und hat dich lieb! (Strophe 3)

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unserer Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Ihre Dorothea Greder